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Patrick Fragner Dipl. MFA
Gips oder Cast? – Techniken, Materialien und Erfahrungen aus der Praxis

Die sachgerechte Versorgung mit Gips- oder Castverbänden zählt zu den Grundkompetenzen im klinischen Alltag – sei es in der Notaufnahme, auf Station oder im niedergelassenen Bereich. Doch welche Technik ist wann geeignet? Welche Materialien bieten welche Vorteile – und wie sieht die moderne Versorgung in der Praxis wirklich aus?

Als Vortragender und Trainer mit jahrelanger Erfahrung im Bereich der Immobilisierung gebe ich hier einen praxisnahen Überblick über Grundregeln, Materialeigenschaften und die bewährte Kombicast-Technik – ergänzt durch wertvolle Tipps aus dem Versorgungsalltag.

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  1. Grundsätze der Gipsversorgung

Ein Gipsverband ist keine bloße „Bandage“, sondern ein medizinisches Hilfsmittel – und darf nur unter ärztlicher Anordnung und ärztlicher Aufsicht und ausschließlich zu medizinischen Zwecken angelegt werden (§5 MABG).

Wichtige Regeln:

  • Frische Verletzungen oder postoperative Versorgungen:
    Hier dürfen keine geschlossenen Gips- oder Castverbände angelegt werden! Es besteht die Gefahr von Druckschäden durch Schwellung. Spaltgipsverbände oder Schienen aus Gips- oder Castmaterial sind hier die sichere Lösung.
  • DMS-Kontrolle:
    Durchblutung, Motorik und Sensibilität (DMS) müssen nach der Anlage an den nächsten Tagen vn einem Arzt überprüft und dokumentiert werden.
  • Patient im Gips hat immer Recht:
    Beschwerden wie Schmerz, Engegefühl oder Taubheit sind sofort zu evaluieren. Jede Rückmeldung kann ein Hinweis auf eine beginnende Komplikation sein. Im Zweifel immer den Gips- oder Castverband entfernen und erneuern.

 

  1. Mineralischer Gipsverband – der Klassiker

Trotz moderner Alternativen bleibt der mineralische Gipsverband ein bewährtes Mittel – vor allem dort, wo Modellierbarkeit und das Reponieren von Frakturen gefragt sind.

Vorteile:

  • Sehr gut anmodellierbar → empfohlen bei Repositionen
  • Spaltgipse sind gut zu öffnen/erweitern
  • Kostengünstig
  • Rückstandslos von Haut und Kleidung entfernbar

 

Nachteile:

  • Hohe Rigidität
  • Relativ hohes Gewicht
  • Geringe Luftzirkulation → Schwitzen möglich
  • Belastung erst nach 24 Stunden möglich

 

  1. Kunststoffstützverbände (Cast) – modern, leicht, stabil

Kunststoffstützverbände aus Glasfaser. Polyester und Polyuerthanharz bieten eine hohe Stabilität bei geringem Gewicht und sind mittlerweile Standard in vielen klinischen Bereichen.

Vorteile der Kombicasttechnik (Kombination aus Semi-Rigiden und Rigiden Material):

  • Geringes Gewicht = hoher Tragekomfort
  • Keine zirkuläre Polsterung nötig, weiche Ränder
  • Kompressionseffekt → Schwellungshemmung
  • Hohe Stabilität b
  • Strahlentransparent → Röntgen möglich
  • Porös → atmungsaktiv und weniger Schweißbildung
  • Kurze Aushärtungszeit → rasch belastbar
  • Einfache, sichere Castabnahme durch eine Castschere
  • Wiederverwendbar (z. B. bei Verbandswechsel)
  • Einsetzbar prä- und intraoperativ

 

  1. Die Kombicast-Technik – effizient und patientenfreundlich

Die Kombicast-Technik hat sich in der Versorgung mit Kunststoffstützverbänden etabliert, vor allem aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile, insbesondere dem Verzicht auf eine zirkuläre Polsterung.

Ablauf der Technik:

  1. Zwei Trikotstrümpfe werden über die jeweilige Extremität gezogen (doppellagig).
  2. Gefährdete Stellen (z. B. Malleolen, distales Ellenköpfchen, …) werden mit Schaumstoffklebeverband abgepolstert.
  3. Eine semi-rigide Castbinde wird in der gewünschten Länge zirkulär mit 25–50 % Überlappung gewickelt.
  4. Die Trikotstrumpfenden werden umgeschlagen, aufpassen, dass man das semi-rigide Material nicht zu sehr mit zurückrollt, da es ansonsten zu harten Rändern kommen kann!
  5. Eine Hardcast-Longuette (3-4 lagig) wird auf den gewünschten Bereich faltenfrei aufgebracht.
  6. Eine weitere Lage semi-rigider Bandage (wieder mit 25–50 % Überlappung) wird über den gesamten Bereich abgewickelt und fixiert somit die Hardcastlonguette.
  7. Formgebung: Die Extremität wird in Funktionsstellung gebracht (verletzungsabhängig) – keine Faltenbildung!
  8. Aushärtung: Bereits nach ca. 30 Minuten ist der Casterband an der unteren Extremität belastungsstabil
  9. Jetzt könnte der Castverband bei Versorgung von frischen Verletzungen mit einer Castschere noch gespalten werden.

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Zur Person

Patrick Fragner Dipl. MFA – www.dergipser.net

Ich bin Dipl. Medizinischer Fachassistent, Trainer und Vortragender bei nationalen und internationalen Fortbildungen. Seit vielen Jahren unterrichte ich im Ausbildungszentrum West in Innsbruck im Rahmen der Ausbildung zur Gipsassistent:in. Auf Social Media bin ich unter @dergipser aktiv.

Um praxisnahes Lernen auch online zu ermöglichen, gibt es auf der Plattform www.gips-fortbildung.at meinen Online Basis Gips- und Castworkshop.

Meinen Online-Workshops – ideal für Einsteiger & Fortgeschrittene:

✅ Flexible Teilnahme – orts- und zeitunabhängig
✅ Schritt-für-Schritt-Anleitungen in Bild, Text & Video
✅ Zugang zu aktuellen Gips- & Casttechniken
✅ Direkt anwendbare Praxistipps
✅ Zertifikat zur Vorlage bei Arbeitgebern
✅ 4 Wochen Zugriff auf den gesamten Kurs, speziell für Krankenhäusern besteht die Möglichkeit einer Jahreslizenz, damit alle Mitarbeiter jederzeit Zugriff auf den gesamten Kurs haben. So besteht die Möglichkeit bei Unsicherheiten jederzeit nochmals die jeweilige Anwendung noch anzusehen.

Kontakt

🌐 Webseite: www.gips-fortbildung.at
📍 Standort: Tirol, Österreich – tätig im gesamten D-A-CH-Raum

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