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Esther Schauberger, MSc
Zukunft gestalten – Fortbildungsbedarf der Pflegefachassistenz sichtbar machen
Warum Pflegefachassistent*innen mehr als 40 Stunden alle fünf Jahre verdienen – eine bildungspolitische Einordnung mit Praxisblick

In einer Zeit tiefgreifender Umbrüche im Gesundheitswesen – geprägt von Fachkräftemangel, demografischem Wandel und steigender Pflegekomplexität – gewinnt die gezielte Fort- und Weiterbildung aller Pflegeberufsgruppen zunehmend an Bedeutung. Während sich das Bildungsangebot für den gehobenen Dienst in den letzten Jahrzehnten stark ausdifferenziert hat, zeigt sich für den noch relativ jungen Beruf der Pflegefachassistenz ein anderes Bild: Obwohl die Verantwortung kontinuierlich wächst, bleibt diese Berufsgruppe bildungspolitisch vielfach unberücksichtigt.

 

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Das Fortbildungsspektrum ist gering

Sie begleiten Patient*innen in Akut- und Langzeitsettings, unterstützen diplomierte Pflegepersonen, führen eigenständig pflegerische Maßnahmen durch und übernehmen Verantwortung im Rahmen ihrer gesetzlich definierten Kompetenzen. Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) definiert klar, welche Aufgaben und Kompetenzen der Pflegefachassistenz zukommen. In einer alternden Gesellschaft mit komplexen Betreuungssituationen leisten diese Berufsgruppe einen zentralen Beitrag zur Qualitätssicherung im Versorgungssystem. Dennoch ist das Spektrum an Fortbildungen, das explizit auf den Kompetenzbereich der PFA zugeschnitten ist, nach wie vor gering.

Ein Blick auf die Fortbildungslandschaft offenbart ein deutliches Ungleichgewicht: Während für den gehobenen Dienst über 30 spezifische Fort- und Weiterbildungsformate existieren – mit Stundenausmaßen von 160 bis zu 1.600 Stunden – stehen Pflegefachassistent*innen österreichweit nur rund 5–10 Angebote zur Verfügung, meist mit einem Umfang von 8 bis 16 Stunden. Diese Diskrepanz betrifft nicht nur die Anzahl, sondern auch die fachliche Tiefe der Inhalte.

Im Rahmen einer nicht-repräsentativen Befragung in einer Klasse der Pflegefachassistenz – darunter auch aufschulende Pflegeassistent*innen – wurde der Wunsch nach maßgeschneiderten Fortbildungen deutlich artikuliert. Viele Auszubildende äußerten, dass Fortbildungsangebote zwar häufig sichtbar beworben werden, sich jedoch explizit an den gehobenen Dienst richten und ihre Berufsgruppe kaum berücksichtigen. Dies führe nicht nur zu Frustration, sondern auch zu dem Gefühl, beruflich nicht weiterzukommen.

Eine Auszubildende brachte es auf den Punkt: „Ich möchte mich fachlich weiterentwickeln, aber ich finde kein Angebot, das zu meinem Berufsbild passt. Es fühlt sich an, als wären wir unsichtbar.“

Auch in der Praxis zeigt sich, dass Pflegefachassistent*innen teils auf Eigeninitiative an Fortbildungen für den gehobenen Dienst teilnehmen – etwa im Bereich der komplementären Pflege. Obwohl diese Programme offiziell nicht für ihre Qualifikation vorgesehen sind, werden sie oft von Arbeitgeber*innen unterstützt oder privat finanziert. Hier wird häufig nicht zwischen Berufsgruppen unterschieden – am Ende erhalten alle dasselbe Zertifikat. So erreichen diese auch die geforderten Fortbildungsstunden. Dies verdeutlicht einerseits das große Interesse der Pflegefachassistent*innen an den verschiedenen Fortbildungen, andererseits zeigt es auch die strukturellen Lücken im Fortbildungssystem.

Aber es geht auch anders.

Ein gelungenes Best-Practice-Beispiel ist die Plattform „pflegefortbildungen.at“. Sie bietet Fortbildungen, die gemäß §63 und §104c GuKG sowohl für den gehobenen Dienst als auch für Pflegefachassistent*innen und Pflegeassistent*innen anerkannt sind. Die Kurse – zertifiziert durch den Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) – sind online abrufbar, flexibel buchbar und thematisch breit gefächert. Sie ermöglichen den Erwerb von Pflegefortbildungspunkten (PFP®), welche je nach absolvierter Punkteanzahl in Fortbildungsstunden umgerechnet und im Bildungspass eingetragen werden können.

Ebenso praxisnah ist die Weiterbildung „Pflege bei Demenz“, die in mehreren Bundesländern angeboten wird. Sie steht auch Pflegefachassistent*innen offen und umfasst rund 240 Stunden, verteilt auf Theorie- und Praxisanteile. Ziel ist die Qualifizierung für die spezialisierte Betreuung von Menschen mit demenziellen Erkrankungen – ein wachsendes Aufgabenfeld im stationären und mobilen Bereich.

Diese Beispiele zeigen, dass erste Schritte unternommen wurden, um Fortbildungszugänge für Pflegefachassistent*innen zu verbessern. Sie sollten als Vorbilder dienen und systematisch ausgebaut werden – im digitalen wie im Präsenzbereich.

Ein ökonomisches Potenzial für Fortbildungsanbieter*innen

Neben den pflege politischen und berufspraktischen Argumenten spricht auch ein ökonomischer Aspekt für die Entwicklung spezifischer Fortbildungen für Pflegefachassistent*innen: Die Berufsgruppen der Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz stellen – gemessen an Ausbildungszahlen und Bedarfsprognosen – künftig die Mehrheit im direkten Patient*innenkontakt dar. Für Bildungsträger*innen eröffnet sich hier ein erhebliches Potenzial: Wer frühzeitig qualitativ hochwertige, zielgruppengerechte Formate entwickelt, erschließt neue Märkte und positioniert sich als innovativer Partner in der pflegerischen Weiterbildung.

Ein zukunftsfähiges Fortbildungsangebot für Pflegefachassistent*innen lässt sich nicht losgelöst vom pflege politischen Kontext denken. Die Gesundheits- und Krankenpflege steht vor großen Herausforderungen: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt kontinuierlich, während gleichzeitig der Personalbedarf in allen Versorgungsbereichen wächst. Die österreichische Gesundheitsstrategie sowie nationale Pflegepersonalpläne zielen zunehmend auf eine bessere Durchlässigkeit und Professionalisierung innerhalb der Pflege ab.

Die Anforderungen an pflegerisches Fachpersonal sind deutlich gestiegen – nicht nur im medizinischen Bereich, sondern auch in Bezug auf Kommunikation, Ethik und kulturelle Vielfalt. Fort- und Weiterbildung gelten daher als unverzichtbare Grundlage für Versorgungsqualität, Patient*innensicherheit und Mitarbeiter*innenbindung. Dennoch werden Pflegefachassistent*innen in bildungspolitischen Maßnahmen bislang kaum spezifisch berücksichtigt.

Zwar ist die Pflegefachassistenz im nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) auf Stufe 5 verankert und rechtlich zur Teilnahme an passenden Weiterbildungen berechtigt – doch es fehlt an flächendeckend verfügbaren Angeboten. Eine gezielte Ausbauoffensive ist notwendig, um Bildungsgerechtigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten für diese Berufsgruppe nachhaltig sicherzustellen.
Um den Fortbildungsbedarf der Pflegefachassistenz gezielt zu decken, bedarf es modularer Curricula, die sich an den bestehenden Kompetenzen laut GuKG orientieren. Ein modulares Curriculum könnte Inhalte wie pflegerische Kommunikation, Schmerzmanagement, chronische Erkrankungen, komplementäre Pflege sowie rechtliche und dokumentarische Grundlagen umfassen. Besonders effektiv wäre eine Kombination aus Präsenzphasen, digitalem Selbststudium und Praxistransferaufgaben. Auch eine Anrechenbarkeit auf spätere Qualifikationen, etwa im Rahmen einer Durchlässigkeit zum gehobenen Dienst, soll angestrebt werden.

Keine Konkurrenz, sondern komplementäre Rollen

Die Forderung nach maßgeschneiderten Fortbildungen für Pflegefachassistentinnen ist ausdrücklich nicht als Abgrenzung oder Konkurrenz zum gehobenen Dienst zu verstehen. Vielmehr geht es um eine sinnvolle Differenzierung und Spezialisierung innerhalb der Berufsgruppe im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Kompetenzen laut GuKG. Während diplomierte Pflegepersonen komplexe Pflegeprozesse planen und evaluieren, leisten Pflegefachassistent*innen einen wesentlichen Beitrag in der unmittelbaren Betreuung und bei delegierten Tätigkeiten. Genau hier setzen Fortbildungen an, die die Eigenverantwortung stärken, die Handlungssicherheit erhöhen und gleichzeitig die interprofessionelle Zusammenarbeit im Pflegeteam fördern.

Damit Fortbildung für Pflegefachassistent*innen künftig kein Lückensystem mehr bleibt, braucht es klare Strategien, verbindliche Angebote und den politischen Willen zur Gleichstellung innerhalb der Pflegebildung. Wer in die Kompetenzerweiterung dieser Berufsgruppe investiert, stärkt nicht nur den Pflegeberuf insgesamt, sondern auch die Qualität und Zukunftsfähigkeit unseres Gesundheitssystems.

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Zur Person

Esther Schauberger, MSc
ist diplomierte psychiatrische GuKP. 2017 hat sie gemeinsam mit Kolleg*innen die komplementären pflegetherapeutischen Angebote am Therapiezentrum Ybbs implementiert und diese bis 2023 praktisch umgesetzt. Sie referiert in den Weiterbildungen Schmerzmanagement, Aromapflege und Therapeutic Touch. Passend zur komplementären Pflege hat sie Fortbildungen in traditioneller chinesischer Gesundheitspflege und der NADA-Ohrakupunktur absolviert. Derzeit ist sie Lehrende für GuKP am Campus Favoriten.

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