Der Operationsbereich zählt zu den zentralen Funktionseinheiten einer jeden Klinik – ein hochorganisiertes Umfeld, in dem multiprofessionelle Berufsgruppen eng zusammenarbeiten, um eine sichere, qualitativ hochwertige und effiziente Versorgung der Patient*innen zu gewährleisten. Innerhalb dieses dynamischen und ressourcenintensiven Rahmens hat der Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) eine richtungsweisende Initiative gestartet: Die gezielte Integration von Pflegefachassistent*innen (PFA) in den OP-Bereich, stellt einen wichtigen Schritt in der Weiterentwicklung pflegerischer Versorgungsstrukturen dar. Dieser Schritt eröffnet nicht nur neue Wege der Zusammenarbeit, sondern auch attraktive Perspektiven für Berufsgruppen der Pflege – mit dem Ziel, die OP-Pflege nachhaltig zukunftssicher zu gestalten.
Ausgangspunkt dieser Initiative waren strukturelle Entwicklungen, die den Pflegealltag im OP zunehmend beeinflussten. Wie in vielen Bereichen des Gesundheitswesens standen auch hier Veränderungen bevor, die sowohl organisatorische als auch personelle Rahmenbedingungen betrafen. Der demografische Wandel und den damit resultierenden Fachkräftemangel, die erschwerte Nachbesetzung der vakanten Dienstposten sowie die laufende Etablierung der neuen Berufsgruppe der operationstechnischen Assistenz (OTA), welche erst mit Ende 2026 spürbar zu einer Entlastung der personellen Situation im OP führen, machten deutlich, dass ergänzende Lösungswege notwendig wurden, um die Leistungsfähigkeit im OP Bereich langfristig zu sichern. Die Herausforderungen wurden dabei nicht als reine Belastung verstanden, sondern als Impuls, bestehende Strukturen konstruktiv weiterzuentwickeln.
Anstatt lediglich punktuelle Anpassungen vorzunehmen, entschied sich der Wiener Gesundheitsverbund für einen umfassenden, strukturierten und inhaltlich tiefgreifenden Entwicklungsprozess. Ziel war es, das Potenzial der Pflegefachassistenz auch im OP gezielt nutzbar zu machen. Im Fokus standen dabei drei wesentliche Aspekte: eine klare Aufgabenverteilung, ein fundiertes Einschulungskonzept sowie die Etablierung langfristiger Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Pflegekarriere. Die Entlastung der Pflegekräfte des gehobenen Dienstes im OP sollte dabei ebenso sichergestellt werden wie der Erhalt hoher fachlicher Standards und der Ausbau der beruflichen Handlungsräume für die PFA. Der OP als anspruchsvoller, aber gleichzeitig attraktiver Tätigkeitsbereich wurde so zum neuen Einsatzfeld einer etablierten Berufsgruppe der Pflege.
Das Projekt wurde inhaltlich auf zwei zentrale Teilbereiche aufgeteilt: Zum einen beschäftigte sich das Teilprojekt „Rahmenbedingungen“ mit der strukturellen Einbindung der Pflegefachassistenz in den OP – von der Definition der Aufgaben über die Kommunikation des Projekts bis hin zum Einschulungsmodell. Zum anderen wurden im Teilprojekt „Karrierepfade“ gezielte Maßnahmen entwickelt, um PFA mittelfristig Perspektiven zur beruflichen Weiterqualifikation zu ermöglichen. Diese beiden Projektstränge wurden interprofessionell erarbeitet und klinikübergreifend implementiert.
Im ersten Teilprojekt stand anfangs der kommunikative Rahmen im Mittelpunkt. Ein mehrstufiges Kommunikationskonzept wurde erstellt, um sowohl intern im WIGEV als auch extern – etwa in Ausbildungseinrichtungen – transparent über die geplanten Veränderungen zu informieren. Ein informativer Folder, begleitende Beiträge im Intranet, Präsentationen sowie ein professionell produzierter Werbefilm sorgten dafür, dass das Projekt sichtbar und verständlich wurde. Damit verbunden war die Zielsetzung, Interesse bei potenziellen Bewerber*innen zu wecken und Vertrauen innerhalb der bestehenden OP-Teams zu schaffen.
Ein weiterer zentraler Bestandteil des Projekts war die präzise Festlegung des Einsatzbereichs der Pflegefachassistenz im OP. In enger Abstimmung mit den Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt. Auf deren Basis wurde ein Modell entwickelt, das auf einem sinnvollen Skill- und Grade Mix basiert – mit einem Verhältnis von 80:20 zwischen dem gehobenen Dienst der Pflege und der Pflegefachassistenz. Der definierte Aufgabenbereich der Pflegefachassistenz konzentriert sich auf den unsterilen Beidienst. Zu den konkreten Tätigkeiten zählen unter anderem die Begrüßung und Identifikation der Patient*innen, das Führen des intraoperativen Pflegeprotokolls, das Setzen von Harnkathetern, die Hautdesinfektion, das Öffnen und Zureichen von Sterilgut sowie Zählkontrollen vor, während und nach dem Eingriff. Diese klar abgegrenzten Aufgaben ermöglichen eine verlässliche und reibungslose Zusammenarbeit im OP-Team und tragen zur Entlastung des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege bei.
Im Hinblick auf die Patienten*innen Sicherheit und fachlichen Qualität wurde ein verbindliches Einschulungskonzept erarbeitet. Die Einschulung erfolgt stufenweise über mehrere Monate, jeweils angepasst an die klinischen Schwerpunkte. In der Klinik Favoriten beispielsweise durchlaufen die neuen Teammitglieder Praxisphasen in der Gynäkologie, der Urologie sowie der Allgemeinchirurgie. Während dieser Zeit werden sie eng begleitet, erhalten regelmäßig Feedback in strukturierten Reflexionsgesprächen und entwickeln gemeinsam mit ihrer Führungskraft individuelle Zielvereinbarungen. Diese Form der professionellen Einarbeitung schafft Sicherheit – sowohl bei den neuen Mitarbeitenden als auch im bestehenden Team – und fördert eine gelingende Integration in den OP-Alltag. Ein wichtiger Erfolgsfaktor war dabei die aktive Rolle der Führungskräfte, die mit klarer Kommunikation und realistischer Erwartungshaltung maßgeblich zur Qualität des Onboardings beitrugen.
Im zweiten Teilprojekt rückte die langfristige Perspektive in den Mittelpunkt. Die OP-Tätigkeit soll für Pflegefachassistent*innen nicht das Ende, sondern der Anfang einer beruflichen Weiterentwicklung darstellen. Deshalb wurde ein neuer Karrierepfad erarbeitet, die eine Qualifikation zur OP-Assistenz (OPA) ermöglichen und darüber hinaus auch den Weg zur OTA offenhalten. Die Durchlässigkeit innerhalb des Systems wurde gezielt gestärkt. Bereits 2024 startete ein erstes OPA-Weiterbildungsmodul mit acht Teilnehmerinnen, weitere Ausbildungsplätze sind geplant. Die Möglichkeit, Theoriestunden anrechnen zu lassen, macht die Weiterbildung besonders attraktiv und anschlussfähig an bestehende Kompetenzen. So entsteht ein durchgängiges Karrieremodell mit verschiedenen Einstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten, das Mitarbeiter*innen bindet, motiviert und gleichzeitig die Versorgung absichert.
Die Umsetzung des Gesamtprojekts erfolgte zunächst in mehreren Pilotkliniken, unter anderem in der Klinik Favoriten. Dabei wurden alle Kliniken des WIGEV eng eingebunden. In jeder Einrichtung wurden Ansprechpartner*innen benannt, regelmäßig fanden Projektbesprechungen und Abstimmungen statt. Die enge Vernetzung zwischen Projektleitung, Klinikleitungen und den Teams vor Ort war ein zentraler Erfolgsfaktor.
Bereits in der frühen Umsetzungsphase zeigten sich positive Rückmeldungen. Die Integration der Pflegefachassistenz im OP wurde als Bereicherung erlebt. Die Teams profitieren von einem klar strukturierten Ablauf, die Dienstplanung gestaltet sich verlässlicher, und die Reaktionsfähigkeit bei personellen Engpässen hat sich verbessert. Besonders erfreulich ist die Rückmeldung der Pflegefachassistent*innen selbst: Viele erleben ihren Einsatz im OP als berufliche Weiterentwicklung, als verantwortungsvollen Beitrag zur Versorgung und als Chance, sich in einem spannenden, teamorientierten Umfeld zu entfalten.
Das Projekt zeigt exemplarisch, wie moderne Personalentwicklung im Wiener Gesundheitsverbund aussehen kann: bedarfsorientiert, qualitätsgesichert, motivierend und realistisch umsetzbar. Es verdeutlicht, dass Veränderungen nicht zwangsläufig aus einem Mangel heraus entstehen müssen, sondern auch ein Nährboden für Innovation und Aufbruch sein können. Mit der strukturierten Einbindung der Pflegefachassistenz im OP wurde ein zukunftsweisender Schritt gesetzt – hin zu mehr Teamvielfalt, gestärkten Karrierewegen und einer verlässlichen Versorgungsstruktur im hochsensiblen Operationsbereich.
Pflege ist ein dynamisches Berufsfeld, das sich kontinuierlich weiterentwickelt – im engen Austausch mit Kolleg*innen, in interdisziplinären Teams und in einem Gesundheitswesen, das sich stetig verändert. Die Umsetzung des Projekts „Pflegefachassistenz im OP“ steht exemplarisch für diesen Wandel: ein gelungener Brückenschlag zwischen Praxisnähe und strategischer Entwicklung. Und sie macht deutlich: Mit Klarheit, Respekt und Zusammenarbeit lassen sich neue Wege nicht nur eröffnen, sondern nachhaltig gestalten.
Strobl Daniela
Pflegefachassistentin Zentral OP Klinik Favoriten
In meiner Tätigkeit als Pflegeassistentin und später als Pflegefachassistentin konnte ich wertvolle Erfahrungen in verschiedenen Fachbereichen sammeln. Unter anderem in den Settings des internistischen Fachbereichs,der Neurochirurgie, der internistischen Notaufnahme, der Urologie und in der Abteilung für Hals Nasen Ohren. Das Projekt „Pflegefachassistenz im OP-Bereich“ stellte für mich einen bedeutenden Entwicklungsschritt dar. Durch die Kombination meiner bisherigen Erfahrungen mit spezialisiertem Wissen zu OP-Techniken, Patient*innen Positionierungen, den benötigten Instrumenten und medizinischen Geräten ist es mir möglich, das interdisziplinäre Team aktiv zu unterstützen und Patient*innen emphatisch im operativen Umfeld zu begleiten.
Schwarz Bianca
Stationsleitung Pflege Zentral OP Klinik Favoriten
Als Führungskraft eines Spezialbereiches wie den Zentral OP in der Klinik Favoriten liegt mein Fokus auf die erfolgreiche Implementierung der Berufsgruppe der Pflegefachassistenz im OP Setting. Das Eingliedern einer neuen Berufsgruppe bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich, welche nur mit einer offenen Kommunikation und transparenten Entscheidungen, zukunftsorientiert gestaltet werden können. Es braucht Mut für neue Ideen und Innovation um die Effizienz und Qualität der OP Prozesse kontinuierlich zu optimieren. Dieser Weg bietet nicht nur für die betriebliche Organisation einen entscheidenden Benefit, ebenso konnte für die Pflegefachassistenz ein zusätzlicher Karrierepfad geschaffen werden. Als aktives Projektmitglied stimmt es mich positiv, dass eine Implementierung der Pflegefachassistenz im Zentral OP der Klinik Favoriten erfolgreich umgesetzt werden konnte.
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