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Marion Bajer
Charakteristika von Pflegeassistenzberufen

Mit der Schaffung der Pflegefachassistenz hat sich die professionelle Pflege verändert. Die Rollen aller drei Pflegeberufe stehen auf dem Prüfstand und müssen in Hinblick auf interdisziplinäre Zusammenarbeit, Organisation und Delegation reflektiert werden. Mittlerweile hat sich das neue Berufsbild etabliert, was aber nicht bedeutet, dass alle Gesundheitsberufe darüber bereits eine klare Vorstellung haben. Eine qualitätsvolle Ausbildung muss gewährleistet sein und kann die Handlungskompetenz der Angehörigen von Pflegeassistenzberufen sicherstellen, egal in welchem Setting sie tätig werden.

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Im Jahr 2016 rückte die Rolle der Pflegeassistenzberufe in den Fokus, was vor allem darauf basierte, dass mit der gesetzlichen Verankerung der Pflegefachassistenz ein völlig neues Berufsbild geschaffen wurde (GuKG-Novelle 2016). Seither wird sowohl in der Ausbildung als auch in der beruflichen Praxis daran gearbeitet, die Pflegefachassistenz in den Reigen der Pflegeberufe einzugliedern. Dieses Bemühen ist von Herausforderungen begleitet, gilt es doch die Pflegefachassistenz organisatorisch und fachlich zu etablieren und Arbeitsabläufe effizient zu gestalten.

Dieser Beitrag hat das Ziel, die Charakteristika der beiden Pflegeassistenzberufe herauszuarbeiten. Zugleich soll der Blick auf die unterschiedlichen Zugangswege zu Ausbildungen für Pflegeassistenz bzw. Pflegefachassistenz – quasi auch als Charakteristikum – gerichtet werden. Der Umstand, dass Menschen, die einen Pflegeassistenzberuf erlernen wollen, in Österreich dafür mittlerweile eine Vielzahl an Möglichkeiten vorfinden, birgt Chancen, aber auch Herausforderungen. Diese sollten wahr- und ernstgenommen werden, um eine qualitätsvolle Pflegeausbildung in Österreich weiterhin sicherstellen zu können.

Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen einer Ausbildung zur Pflegefachassistenz hat sich seit 2018 fast versechsfacht: Waren es im Jahr 2018 210 Pflegefachassistentinnen und -assistenten, konnten 2022 bereits 1232 registriert werden. Die Zahl der neu ausgebildeten Pflegeassistentinnen und -assistenten blieb in diesem Zeitraum hingegen relativ stabil. Im Jahr 2019 überstieg der Anteil der Berufsabschlüsse mit einer Pflege(-fach)assistenzausbildung den Anteil der Ausbildungen zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege (Pilwarsch et al. 2023).

Diese Entwicklung ist je nach Perspektive unterschiedlich zu bewerten. Aus Sicht der Assistenzberufe kann vor allem der Umstand als positiv angesehen werden, dass die Pflegefachassistenz das stärkste Wachstum verzeichnet (Pilwarsch et al. 2023).

Abb. 1 zeigt, dass beide Pflegeassistenzberufe in allen vier großen Versorgungsbereichen vertreten sind. Darüber hinaus wird auch ersichtlich, dass die Pflegfachassistenz – wenn auch noch zu einem geringen Anteil – bereits in unterschiedlichen Bereichen tätig ist und die Pflegeassistenz in drei der vier Bereiche den größten Anteil hat.

Abbildung 1

Rollen und Aufgaben

Die Aufgabenprofile der Pflegeassistenzberufe haben sich in den vergangenen Jahren verändert und entsprechen heute modernen Berufsbildern (GuKG-Novelle 2016). Pflegeassistenzberufe arbeiten mit und an Menschen aller Altersstufen in allen Settings und auf allen Versorgungsstufen. Im Rahmen von Diagnosestellung und Therapie sind sie eng mit der Medizin verwoben. Beziehungsarbeit ist das wichtigste „Arbeitsinstrument“ der Pflege (Bartholomeyczik et al. 2006). Pflegearbeit enthält ein hohes Maß an Interaktion. Auch in Hinblick auf diesen Aspekt kommt den Pflegeassistenzberufen eine immer größere Bedeutung zu: Mit Ausnahme der Krankenanstalten haben sie im Vergleich zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege (DGKP) in allen Settings einen weit höheren Anteil (siehe Abb. 1). Somit fällt Beziehungsarbeit in einem hohen Maß in die Verantwortung der Angehörigen der Pflege(-fach-)assistenz. Angehörige dieser Berufsgruppen sind aber auch zunehmend gefordert, an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und an der Stärkung der Gesundheitskompetenz mitzuwirken.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Pflege ist durch die Schaffung der Pflegefachassistenz mit einer erhöhten Komplexität verbunden. Wie die Evaluierung der GuKG-Novelle 2016 deutlich machen konnte, macht es einen Unterschied, ob die Pflegefachassistenz als zusätzliche Ressource in einem Team eingeführt wird oder aber als Ersatz angesehen wird. In letzterem Fall stellt sich die Frage, ob mit der Pflegefachassistenz die Pflegeassistenz ersetzt werden soll und/oder ob mit der Pflegefachassistenz auch Stellen für die DGKP im Sinne eines neuen Personalmix substituiert werden. Auch Delegationsprozesse sind dadurch beeinflusst (Kozisnik et al. 2023).

Viele Wege in die Ausbildung für Pflege(-fach-)assistenz

Ein besonderes Merkmal der beiden Pflegeassistenzberufe ist, dass die möglichen Ausbildungswege sehr vielfältiggeworden sind. Wie in den beiden Abbildungen 2 und 3 dargestellt, können die Ausbildungen zur Pflegefachassistenz und zur Pflegeassistenz auf unterschiedlichen Wegen absolviert werden.

Abbildung 2
Abbildung 3

An Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege kann sowohl die Ausbildung zur Pflegeassistenz als auch zur Pflegefachassistenz absolviert werden. Die einjährige Pflegeassistenzausbildung adressiert Personen, die an einem Pflegeberuf interessiert sind, vor allem Berufsumsteiger:innen, und bietet einen idealen Einstieg in den Pflegeberuf. Die Pflegefachassistenzausbildung mit einer Dauer von zwei Jahren ist in erster Linie als berufliche Erstausbildung gedacht, bietet sich aber ebenfalls für Berufsumsteiger:innen und an einem Pflegeberuf Interessiere an. Da das zweite Ausbildungsjahr zur Pflegefachassistenz auf der Ausbildung zur Pflegeassistenz aufbaut, besteht für Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten, die eine Höherqualifizierung anstreben, die Möglichkeit, in das zweite Ausbildungsjahr einzusteigen. Umgekehrt können Auszubildende, die das erste Jahr positiv absolviert haben, die Abschlussprüfung zur Pflegeassistenz ablegen (PA-PFA-AV). Die von der Gesundheit Österreich GmbH entwickelten Curricula verfolgen einen lernfeldorientierten Ansatz, der auf die Handlungskompetenz der Absolventinnen und Absolventen abzielt (Pfabigan et al. 2020). In den Curricula sind im Falle der Pflegeassistenz settingspezifische Lernfelder der Pflege, im Falle der Pflegefachassistenz zielgruppenspezifische Lernfelder definiert. Somit soll die Ausbildung gewährleisten, dass sich Absolventinnen und Absolventen in unterschiedlichen Settings bzw. in der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen ausreichend sicher und qualifiziert fühlen und dass sie abhängig vom jeweiligen Grad der Verantwortung autonom arbeiten können.

Im Jahr 2023 erfolgte die Überführung eines Schulversuchs in das Regelschulwesen. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit, innerhalb von fünf Jahren an einer Höheren Lehranstalt für Pflege und Sozialbetreuung (HLPS) die Berufsberechtigung zur Pflegefachassistenz zu erwerben und zugleich die Matura zu absolvieren. Im Jahr 2025 werden die ersten Absolventinnen und Absolventen aus dem Schulversuch, 2028 die ersten mit 2023 im Regelschulwesen gestarteten Abgänger:innen hervorgehen. Somit liegen aktuell weder zur Zahl der Absolventinnen und Absolventen noch über Berufseinsteiger:innen Daten vor. In fast allen Bundesländern existiert mittlerweile die Möglichkeit, an einer oder zwei HLPS diesen Weg in die Pflege zu wählen. Regelungen zur HLPS finden sich im Schulorganisationsgesetz und im Schulunterrichtsgesetz. Die PA-PFA-AV gilt grundsätzlich, insbesondere was die Grundsätze der Ausbildung, die Qualifikation der Lehrkräfte und die praktische Ausbildung betrifft, die Leistungsbeurteilung richtet sich hingegen nach den schulrechtlichen Bestimmungen. Die fachspezifischen Anteile der Lehrpläne orientieren sich an den Curricula für die Pflegeassistenzausbildungen.

Eine Rückmeldung einer Schulleiterin[1] zeichnet ein positives Bild über den bisherigen Verlauf dieser neuen Ausbildungsvariante. In diesem Zusammenhang wurde vor allem hervorgehoben, dass ein besonderer Fokus darauf gelegt wird, Erfahrungen und Lernerfolge, die im Laufe der Praktika gemacht wurden, zu reflektieren und den weiteren Lernprozess darauf aufzubauen.

Seit 2023 gibt es auch die Möglichkeit, den Beruf der Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz im Rahmen einer Lehrezu erlernen. Für diese Ausbildungsvariante liegen gesonderte Ausbildungsordnungen vor (Lehrberuf Pflegeassistenz-Ausbildungsordnung, Lehrberuf Pflegefachassistenz-Ausbildungsordnung). Die Lehre zur Pflegeassistenz dauert drei Jahre, jene zur Pflegefachassistenz vier Jahre. Grundsätzlich orientiert sich die Ausbildung an den Curricula für Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz. Um den bewährten strukturellen Rahmenbedingungen einer Lehrlingsausbildung, wie sie in Österreich gängige Praxis sind, entsprechen zu können, wurden Teile der theoretischen Lernmodule in das Praxisfeld transferiert. Das verleiht der praktischen Ausbildung eine noch höhere Bedeutung und setzt voraus, dass ausreichend gut qualifiziertes Personal in den Praxiseinrichtungen zur Verfügung steht, welches den Lernprozess gestalten und begleiten kann. Des Weiteren ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Auszubildenden (Lehrlingen) um besonders junge Menschen handelt. Immer wieder werden daher auch Bedenken geäußert, so junge Menschen mit einem sensiblen Bereich, wie es die Pflege ist, in Berührung zu bringen. Spezifische Konzepte und Ausbildungsstrategien müssen entwickelt werden, um sicherzustellen, dass Lehrlinge nicht zu früh mit komplexen, schwierigen Pflegesituationen konfrontiert werden.

Für einen abschließenden Befund über die neu gestaltete Ausbildungslandschaft für Pflegeassistenzberufe ist es noch zu früh. Grundsätzlich kann sich die Diversität der Ausbildungswege positiv auf die Zahl der Absolventinnen und Absolventen eines Pflegeberufs auswirken. Noch bleiben aber einige Fragen unbeantwortet. Angesichts des bestehenden und prognostizierten Mangels an Pflegepersonen sind die Bemühungen nachvollziehbar, möglichst viele an einem Pflegeberuf Interessierte als Zielgruppen anzusprechen und zu erreichen. Die Qualität der Ausbildung muss aber gesichert bleiben. Dazu zählt vor allem die Orientierung an den grundsätzlichen Intentionen und zu erreichenden Lernergebnissen der Curricula für Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz. Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit der konzeptionellen Anpassung der Lernprozesse an die Ausbildungsform und der Berücksichtigung entwicklungsspezifischer Aspekte der Lernenden, ganz besonders da es sich zum Teil um sehr junge Lernende handelt. Die Sicherstellung einer zeitnahen Verschränkung von theoretischer und praktischer Ausbildung, die beispielsweise konzeptionell festgelegt wird, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Auszubildende das theoretisch Gelernte in die Praxis transferieren können. Die Bedeutung der Lernortkooperation wird umso größer, je jünger die Auszubildenden sind. Schließlich sind begleitende Forschungsprojekte notwendig, die die Grundlagen erarbeiten, um die neuen Ausbildungswege z. B. in Bezug auf Personalbedarf und Ausbildungsqualität evaluieren zu können. Besondere Bedeutung kommt der Qualität der praktischen Ausbildung zu, die mindestens ein Drittel, im Falle der Pflegelehre weit mehr als die Hälfte der Ausbildung ausmacht. Unter anderem folgende Aspekte begründen die Bedeutung der praktischen Ausbildung:

  • Angehörige von Pflegeassistenzberufen sind zu einem hohen Anteil in der Langzeitpflege tätig. Dabei arbeiten sie mit besonders vulnerablen und existenziell abhängigen Menschen.
  • Die Rahmenbedingungen in der praktischen Ausbildung müssen in allen Ausbildungsformen verbessert, im Falle der Lehrausbildung sogar erst aufgebaut werden (z. B. Vorgaben für personelle Kapazitäten für die Praxisanleitung).
  • (Pflege-)Lehrlinge fallen in der Regel unter spezifische Schutzbestimmungen – Konzepte für einen altersgemäßen und dem Ausbildungsprozess förderlichen Einsatz im Praxisfeld, die von Fachexpertinnen und Fachexperten erarbeitet werden, tragen zur Qualitätssicherung bei.

Conclusio

Die Pflegeassistenzberufe sind zu wichtigen Playern in der Pflege geworden. Sie arbeiten interdisziplinär und interprofessionell mit und an Menschen aller Altersstufen in allen Settings. Dabei kommt ihnen eine tragende Rolle zu. Wichtige Entscheidungen von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und von Ärztinnen und Ärzten basieren auf Beobachtungen und Einschätzungen, die Angehörige der Pflegeassistenzberufe machen. Darüber hinaus übernehmen sie im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs pflegerische, diagnostische und therapeutische Aufgaben, die dazu beitragen, die Kontinuität der Versorgung sicherzustellen.

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Literatur

Bartholomeyczik, Sabine; Halek, Margareta; Sowinski, Christine; Besselmann, Klaus; Dürrmann, Peter; Haupt, Martin; Kuhn, Christina; Müller-Hergl, Christian; Perrar, Klaus Maria; Riesner, Christine; Rüsing, Detlef; Schwerdt, Ruth; van der Kooij, Cora; Zegelin, Angelika (2006): Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe. Hg. v. Bundesministerium für Gesundheit

GuKG-Novelle 2016: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprüfungsgesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016), BGBl. I Nr. 75/2016, in der geltenden Fassung

Kozisnik, Petra; Rappold, Elisabeth; Pilwarsch, Johanna (2023): Evaluierung der GuKG‐Novelle 2016. Gesundheit Österreich, Wien

Lehrberuf Pflegeassistenz-Ausbildungsordnung: Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft über die Berufsausbildung im Lehrberuf Pflegeassistenz (Lehrberuf Pflegeassistenz-Ausbildungsordnung), BGBl. II Nr. 244/2023, in der geltenden Fassung

Lehrberuf Pflegefachassistenz-Ausbildungsordnung: Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft über die Berufsausbildung im Lehrberuf Pflegefachassistenz (Lehrberuf Pflegefachassistenz-Ausbildungsordnung), BGBl. II Nr. 245/2023, in der geltenden Fassung

PA-PFA-AV: Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Ausbildung und Qualifikationsprofile der Pflegeassistenzberufe (Pflegeassistenzberufe-Ausbildungsverordnung – PA-PFA-AV), BGBl. II Nr. 301/2016, in der geltenden Fassung

Pfabigan, Doris; Rottenhofer, Ingrid; Bajer, Marion; Mader, Franziska (2020): Curricula für die Ausbildungen Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz. In Erprobungsphase. Gesundheit Österreich, Wien

Pilwarsch, Johanna; Holzweber, Leonie; Zach, Monika; Gruböck, Anna; Mathis-Edenhofer, Stefan; Wallner, Alexander (2023): Jahresbericht Gesundheitsberuferegister 2022. Gesundheit Österreich, Wien

Weißenhofer, Sabine; Gyimesi, Michael; Czasný, Ines; Domittner, Brigitte (2023): Gesundheits‐ und Krankenpflegepersonen in Österreich. Pflegereporting: Daten 2022. Factsheet. Gesundheit Österreich, Wien

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