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Christina Klopf, Melanie Ternon
Erfolgreiche Implementierung der Pflegefachassistenz am Beispiel des Pflegekrankenhauses Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße. 

Die demografischen Verschiebungen in der Bevölkerung und der dadurch verursachte Mehrbedarf an Pflege stellen die professionelle Pflege vor Herausforderungen. Der Mehrbedarf ergibt sich einerseits aus dem erhöhten Pflegebedarf der älter werdenden Bevölkerung und andererseits aus dem Fachkräftemangel aufgrund fehlender Bewerberzahlen (Juraszovich, Rappold & Gyimesi, 2023). Obwohl sich das Haus der Barmherzigkeit aktuell über eine stabile und ausreichende Personalbesetzung freut, werden zukünftige Entwicklungen im Blick gehalten. Der Lösungsansatz eines Skill- und Grade-Mix im Sinne einer effizienten Arbeitsgestaltung, wurde deshalb von Anfang an aufgegriffen und umgesetzt. Dieser Beitrag beschreibt anhand des Beispiels des Pflegekrankenhauses Haus der Barmherzigkeit – Tokiostraße in Wien, wie die Implementierung der Pflegefachassistenz erfolgreich umgesetzt werden kann.

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Im Zuge der GuKG-Novelle im Jahr 2016 wurden im Sinne des Skill- and Grade-Mix die Berufe Pflegeassistenz (PA) und Pflegefachassistenz (PFA) geschaffen. Die Ausbildung zur PFA umfasst eine zweijährige theoretische und praktische Ausbildung. Die Implementierung erfolgte in den vergangenen Jahren österreichweit und konnte erste Erfolge verzeichnen. Während im Jahr 2016 67 Personen die Ausbildung zu PFA starteten, befanden sich im Jahr 2022 bereits rund 2000 Personen in Ausbildung (Kozisnik et al., 2023). Der Einsatz von Pflegefachassistenten*innen erfolgt sowohl im akutstationären als auch im Setting der Langzeitpflege. Die Umsetzung erfordert eine Neugestaltung des Pflegeberufs. Organisationen müssen entscheiden, ob durch den Einsatz von PFAs der Beruf der PAs ersetzt werden soll oder ob der Fokus auf die Zusammenarbeit aller drei Pflegeberufe gerichtet werden soll. Außerdem ist es essenziell, den konkreten Tätigkeitsbereich der PFAs je nach Einrichtung zu definieren. Dieser kann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben unterschiedlich sein (Pleschberger & Holzweber, 2020). Im Haus der Barmherzigkeit, sollen Pflegefachassistenten*innen zusätzlich zu diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonal und Pflegeassistenten*innen eingesetzt werden. Elisabeth Hahn, Leiterin des operativen Pflegemanagements, berichtet: „Obwohl derzeit noch eine Überbesetzung der DGKP-Stellen in unserem Haus besteht, ist unsere Aufmerksamkeit bereits auf die nächsten Jahre gerichtet, wo mehrere Mitarbeiter*innen in Pension gehen. Ein strukturierter Einsatz der PFA`s als Ergänzung zu einer DGKP eröffnet die Möglichkeit innovative Pläne für die Personalbesetzung auf den Stationen zu treffen.“

Rechtliche Grundlagen

Im GuKG wurden im Rahmen der Novelle von 2016 im §83 die Pflegeassistenzberufe verankert. Sie sollen Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege unterstützen, um übertragende Tätigkeiten durchzuführen. Pflegefachassistenten*innen sind dabei eigenverantwortlich tätig. Dies bedeutet, dass sie ohne Aufsicht Maßnahmen nach Anordnung durchführen dürfen. Laut GuKG dürfen PFAs lediglich in einem Dienstverhältnis arbeiten. Sie können in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und Gruppenpraxen sowie in der Hauskrankenpflege oder Primärversorgungszentren eingesetzt werden. Pflegefachassistenten*innen dürfen Auszubildende anleiten und nach Anordnung Maßnahmen der Diagnostik und Therapie wie die Durchführung standardisierter diagnostischer Programme (z.B. EKG) oder das Legen und Entfernen von Verweilkanülen durchführen. PFAs sind zudem eigenständig im Handeln bei Notfällen. In der Abbildung 1 Kompetenzen der Pflegefachassistenz werden die Kompetenzen zum Überblick dargestellt.

Abbildung 1 Kompetenzen der Pflegefachassistenz

Aufbauend auf den rechtlichen Grundlagen und im Hinblick auf die Umsetzung des Skill- und Grade-Mix wurde im Haus der Barmherzigkeit – Tokiostraße im Jahr 2018 die erste Stelle als Pflegefachassistenz implementiert. Im Jahr 2024 arbeiten bereits 16 Pflegefachassistenten*innen im Pflegekrankenhaus Tokiostraße in multidisziplinärer Zusammenarbeit.

Die Umsetzung der Implementierung von PFA im Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße am Beispiel der Station Barbara

Die Implementierung von Pflegefachassistenten*innen im Haus der Barmherzigkeit spiegelt die innovative und qualitätsorientierte Arbeitsweise der Organisation wider. Durch den gezielten Einsatz von PFAs unter ständiger Begleitung und Evaluation wurde die Möglichkeit für eine effiziente Arbeitsteilung geschaffen. Die konzeptionelle Vorbereitung und Planung legten den Grundstein für das innovative Projekt. In einem Pilotprojekt wurde im Oktober 2018 auf der Station Barbara, einer geriatrischen Station mit Rehabilitationsschwerpunkt, der Einsatz eines Pflegefachassistenten implementiert. Der Stationsleiter Roberto De Oliveira da Silva berichtet über den Erfolg.

Wie wurde die Implementierung der PFAs gestaltet?

„Die Implementierung der Pflegefachassistenten*innen wurde bei uns sorgfältig anhand des Tätigkeitsprofils, des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) sowie der Empfehlungen des Forums Gesundheitsrecht (Forum Gesundheitsrecht, 2019) gestaltet. Diese Richtlinien halfen dabei, die Rolle der PFAs klar zu definieren und ihre Eingliederung in das bestehende Team zu erleichtern.“ Die Betonung lag darauf, die Kompetenzbereiche präzise abzugrenzen, um eine effiziente Zusammenarbeit zu gewährleisten und die bestehenden Ressourcen optimal zu nutzen.

Welche Tätigkeiten übernimmt der PFA auf der Station?

Die Pflegefachassistenten*innen übernehmen bei uns eine Vielzahl an Tätigkeiten, die in zwei Hauptbereiche unterteilt sind: die Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie sowie den eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich nach Anordnung durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege (GuKG). Zu den Aufgaben zählen unter anderem die Mitwirkung bei Pflegeassessments und deren Evaluation. Jedoch ist das Abschließen dieser Assessments ausschließlich den diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen (DGKP) vorbehalten.

Wie wird die Zusammenarbeit zwischen den Pflegeberufen gelebt? Welche Vorteile gibt es?

Die Zusammenarbeit zwischen PFAs, DGKP und Pflegeassistenten (PA) ist sehr eng und konstruktiv. PFAs dienen als Schnittstelle und können bestimmte anspruchsvolle Aufgaben übernehmen, die zwar nicht in den Kompetenzbereich der PAs fallen, jedoch auch nicht zwingend von DGKPs durchgeführt werden müssen. Die enge Zusammenarbeit und die klare Kompetenzabgrenzung bringen zahlreiche Vorteile mit sich. Insbesondere führt der gezielte Einsatz von PFAs zu einer Entlastung der DGKPs, was diesen mehr Raum gibt, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren. Zudem verbessert der Einsatz die Arbeitszufriedenheit und die Qualität der Patientenversorgung, da jede Berufsgruppe gemäß ihrer spezifischen Qualifikation eingesetzt wird.

Wo liegen die Herausforderungen im Rahmen der Implementierung?

„Eine der größten Herausforderungen bei der Implementierung der PFAs liegt in der Notwendigkeit, die Planung so zu gestalten, dass die Kernkompetenzen der DGKP optimal genutzt werden können, ohne dass sie für Basis-Pflegetätigkeiten wie die Körperpflege von Bewohnern eingesetzt werden. Das erfordert eine sorgfältige Personalplanung und -entwicklung sowie eine ständige Abstimmung innerhalb des Teams.“

Welche Rahmenbedingungen und Grundvoraussetzungen sind für die Implementierung unabdingbar?

„Für eine erfolgreiche Implementierung der PFAs sind ausreichende Planstellen essenziell, insbesondere um den Einsatz der PFAs während der Kernarbeitszeiten (Montag bis Freitag) zu ermöglichen. Die Abstimmung im Team bezüglich der Aufgabenverteilung ist ebenfalls von großer Bedeutung, um die DGKPP effektiv zu entlasten und eine optimale Bewohner*innenversorgung zu gewährleisten.“

Welches Resümee kann nach fünf Jahren gezogen werden?

„Nach fünf Jahren Erfahrung mit der Integration der PFAs in unser Pflegeteam kann festgehalten werden, dass deren kompetenzbasierte Einbindung wesentlich zur Verbesserung der Teamarbeit und der Bewohner*innenversorgung beiträgt. Voraussetzung für den Erfolg ist allerdings, dass die Rahmenbedingungen stimmen und die verschiedenen Berufsgruppen im Pflegebereich eng und respektvoll zusammenarbeiten.“

Zusammenfassung und Ausblick

Professionelle Pflegeeinrichtungen stehen angesichts des Mehrbedarfs an Pflege vor großen Herausforderungen. Die gesetzliche Einführung von PFAs als eigenverantwortliche Berufsgruppe im Jahr 2016 bietet eine Lösung zur Bewältigung des Pflegemangels und zur effizienten Gestaltung der Arbeitsabläufe. Die zweijährige Ausbildung zur Pflegefachassistenz erfährt zunehmende Beliebtheit, was sich in steigenden Auszubildendenzahlen widerspiegelt. Diese Entwicklung ist auch im Haus der Barmherzigkeit zu verzeichnen. Im Jahr 2018 begann die Implementierung der Pflegefachassistenz im Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße. Der innovative Ansatz trägt zur Bewältigung von Herausforderungen bei und soll die Arbeit möglichst effektiv und qualitativhochwertig gestalten. Die Zusammenarbeit zwischen Pflegefachassistenten*innen, diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen (DGKP) sowie Pflegeassistenten*innen erfolgt eng und konstruktiv.

Die Implementierung des Pilotprojekts umfasst eine sorgfältige Planung, um die Kernkompetenzen des Pflegepersonals optimal zu nutzen, sowie die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen. Nach fünf Jahren Erfahrung zeigt sich, dass die Einbindung von PFAs wesentlich zur Verbesserung der Teamarbeit und der Bewohner*innenversorgung beiträgt, sofern die Rahmenbedingungen stimmen und die verschiedenen Berufsgruppen im Pflegebereich eng zusammenarbeiten.

Die Implementierung von Pflegefachassistenten*innen im Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße hat sich als vielversprechender Ansatz zur Bewältigung des Pflegemangels präsentiert. Um zukünftige Entwicklungen in der Pflegebranche voranzutreiben, ist es entscheidend, die Rolle der Pflegefachassistenten*innen weiter zu stärken und ihre Zusammenarbeit mit anderen Pflegeberufen zu optimieren. Es bedarf weiterer Forschung und Evaluation, um die langfristigen Auswirkungen der Pflegefachassistenz auf die Qualität der Patienten*innenversorgung und die Arbeitszufriedenheit des Pflegepersonals zu verstehen. Rahmenbedingungen für die Implementierung von Pflegefachassistenten*innen sollten kontinuierlich überprüft und verbessert werden, um eine nachhaltige Integration in das Pflegesystem sicherzustellen. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Haus der Barmherzigkeit in der Tokiostraße können als Modell für andere Pflegeeinrichtungen dienen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Ein kooperativer Ansatz und eine gezielte Nutzung der unterschiedlichen Kompetenzen innerhalb des Pflegeteams können dazu beitragen, Innovationen wie die Pflegefachassistenz einzuführen und somit die Pflegequalität zu steigern und den Bedürfnissen einer älter werdenden Bevölkerung gerecht zu werden.

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Literatur

Juraszovich, Brigitte; Rappold, Elisabeth; Gyimesi, Michael (2023): Pflegepersonalprognose. Update bis 2050. Aktualisierung der Pflegepersonalbedarfsprognose 2030. Ergebnisbericht. Gesundheit Österreich, Wien

Kozisnik, P., Pilwarsch, J., Harold, B., Pleschberger, S., & Holzweber, L. (2023). Evaluierung der GuKG‐Novelle 2016: Deskriptive Sekundärdatenanalyse zur Berufsbildungslandschaft Pflege. Gesundheit Österreich.

Pflegefachassistenz: Kompetenzen, Aufgaben und Einsatzgebiete in der Praxis. (2019). Forum Gesundheitsrecht. https://www.gesundheitsrecht.at/pflegefachassistenz-kompetenzen-aufgaben-und-einsatzgebiete-in-der-praxis/ [27.3.2024]

Pleschberger, S., & Holzweber, L. (2020). Evaluierung der GuKG-Novelle 2016: Zwischenergebnisse Arbeitspaket 1: Explorative Case Study. Gesundheit Österreich GmbH.

Zur Person

Christina Klopf, BSc und Melanie Ternon, BSc

Advanced Practice Nurses im Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße der Stabstelle Pflegeentwicklung

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